Der „blaue Planet“ wird die Erde häufig genannt, ist sie doch zu knapp zwei Dritteln von Wasser bedeckt. Betrachtet man aber nur ihre Landfläche, ergibt sich ein anderes, vielseitigeres Bild. Flüsse und Seen prägen nicht überall die Landschaft, speisen nicht an allen Orten eine vor Leben strotzende Vegetation. Im Gegenteil: Fast die Hälfte der Landoberfläche wird von Trockengebieten, Kältewüsten und Eiswüsten eingenommen. Genauer: ein Drittel der Oberfläche sind Trockenwüsten, ein Fünftel sind Kälte- und Eiswüsten.
Für Fotograf und Geograf Michael Martin war dies Grund genug, den Wüsten unserer Erde ein Projekt monumentalen Ausmaßes zu widmen: „Planet Wüste – Abenteuer in Hitze und Eis“.
Fünf Jahre Wüste
Über gut fünf Jahre hinweg brach der erfahrene Fotograf und Abenteurer immer wieder in die entlegensten, unzugänglichsten, menschenfeindlichsten Gebiete der Erde auf. Insgesamt vierzig Reisen zu Trocken- und Eiswüsten vom Nordpol zum Südpol unternahm er für sein Projekt, bewegte sich, nachdem die mühsame Anreise überstanden war, mal mit seinem Motorrad fort, mal mithilfe von Hundeschlitten, mal auf Expeditionsschiffen, manchmal auf Kamelen, zu anderen Gelegenheiten per Propellerflugzeug oder Hubschrauber. Dass diese Trips keine Sonntagsausflüge sind, deuten schon seine einleitenden Worte bei einem der Events an: nach ein paar mehr Vorstellungen stehe für ihn nun zunächst einmal Urlaub an – bevor er dann anschließend wieder weiterreise.
Seine Reisen sind definitiv kein Urlaub: Viele seine Trips sind aufwendige Expeditionen. Das Ergebnis dieser Extremstreifzüge ist ein beeindruckenden Multivisionsvortrag: Bei seinem Event „Planet Wüste“ zeigt Michael Martin über drei Stunden hinweg 1600 Bilder – selbst sie nur kleine Auswahl aus den dreihunderttausend Fotos, die er für das Projekt insgesamt aufnahm.
Viermal um die Erde
Viermal nimmt er die Zuschauer mit um die Erde, bewegt sich vom Nordpol über den nördlichen Polarkreis über die beiden Wendekreise und den südlichen Polarkreis bis hinunter nach Antarctica. Er zeigt die Wüsten der Arktis, der Nordhalbkugel, der Südhalbkugel und der Antarktis, stellt 26 Regionen in diesen Extremzonen dar, neben vielen anderen Grönland, die Namib oder die Atacama. Er erzählt dabei nicht nur von trockenen Landschaften, sondern auch von der Lebensweise der Menschen, die den schwierigen Bedingungen trotzen. Seine Fotos geben Einblicke in Nomadenzelte, Hütten und Jurten und in jahrhundertealte Kulturtechniken, die auch im Zeitalter der Globalisierung noch ihre Daseinsberechtigung haben.
Diese Szenen und Bilder werden immer wieder musikalisch untermalt, mal von Großmeistern wie Hans Zimmer und Bruce Springsteen, mal von lokalen Künstlern aus Russland oder Afrika. Anders als mancher Diashow-Kollege verzichtet Michael Martin gänzlich auf das Einspielen von Videos (die bereitliegen würden; zum Projekt „Planet Wüste“ ist auch eine Blue Ray Box mit 540 Minuten Laufzeit erschienen) oder atmosphärischen Soundeffekten. Er lässt allein die Bilder, die Musik und seine eigene Stimme sprechen. Und kreiert so nicht weniger als ein Blockbuster-Event unter den Reise- und Fotovorträgen.
Ein Blockbuster-Event unter den Reise- und Fotovorträgen
Da ist zum einen die Qualität seiner Fotos. Nach dreieinhalb Jahrzehnten der Wüstenfotografie und der Diavorträge beherrscht Michael Martin sein Handwerk perfekt.
Neben der Tatsache, dass er seine Werke in hervorragender Qualität mit einem eigens mitgebrachten hochauflösenden Projektor präsentiert, ist jedoch besonders die Dramaturgie hervorzugeben. Text und Bild ergeben einen perfekten Fluss, nicht nur das Timing stimmt, auch der Inhalt, die Balance zwischen sachlichen Erläuterungen und stimmungsvollen Anekdoten. Der Text – frei vorgetragen, jedes Wort sitzt – wirkt nie wie auswendig gelernt, obwohl er sorgfältig gescripted ist. Der Grund liegt in der Qualität des Texts: Michael Martin vermag es, einen Text so zu schreiben, wie ein guter Redner sprechen würde.
Was zum nächsten Punkt führt, der Lob verdient: die Vortragsweise. Hier steht keiner, der in gemütlicher Runde von banalen Urlaubserlebnissen erzählt. Nein, Michael Martin hält eine dreistündige Rede, energisch, leidenschaftlich, mitreißend. Es ist eine Freude, dem Fotografen zuzuschauen, wie er im Halbschatten neben der Bühne mit Blick auf seine Werke referiert, mit weit ausholenden Gesten, immer wieder auf den Knien wippend, immer wieder zehn Schritte vor- und zurückgehendend, jeden Platz nutzend, den er hat, solange er nur keinen Zentimeter seiner Fotos verdeckt. Es ist klar ersichtlich, dass hier jemand in seinem Element ist und – etwas Pathetik darf nach einem solchen Abend sein – genau das tut, wozu er geboren wurde.
Ich besuchte mit den Veranstaltungen in Düsseldorf und Köln gleich zwei – von insgesamt über hundert! – Terminen.
Das häufigste Wort, das ich von anderen Zuschauern beim Verlassen beider Hallen hörte: „Wahnsinn“. Das fasst es ganz gut zusammen. „Planet Wüste“ ist eine Bilderreise durch grandiose Landschaften mit extremen Klimaverhältnissen, eine Reise zum Staunen, zum Lernen, zum Inspiration-tanken.
Ab Herbst 2017 setzt Michael Martin seine große Tour fort. Es ist wohl unnötig es noch aufzuschreiben: Ein Besuch lohnt sich!