Von Birgit Roth.
Es fühlt sich so gut an. Frei nach dem Motto: Tu was du liebst, habe ich unsere Reiseerlebnisse rund um die Falklandinseln aufgeschrieben. Ein Buch zu schreiben und es zu veröffentlichen ist ein eigenes Abenteuer.
Die meisten Jahre unseres Lebens wussten wir fast gar nichts über die Falklandinseln. 2014 erfüllten wir uns einen dringenden Reisewunsch und fuhren über die Falklandinseln und Südgeorgien in die Antarktis. Auf den Falklandinseln machten wir eine zweitägige Stippvisite. Wir wussten nicht so recht, was uns dort erwarten würde. Doch Schönheiten dieser Inselgruppe überrollten uns wie eine Lawine, und wir wollten unbedingt mehr davon sehen.
Dann ging es Schlag auf Schlag. 2015 und 2016 umrundeten wir die Falklandinseln mit einem kleinen Schiff. Wir gingen täglich auf einer anderen Insel an Land, erlebten sagenhafte Landschaften und eine unglaubliche Fülle an Tieren. Wenn ich an die Pinguine, Seeelefanten, Delfine und Albatrosse denke, zaubert es mir ein Lächeln ins Gesicht.
Unser Reiseleiter war Dr. Klemens Pütz, Deutschlands einziger Pinguinforscher. Muss ich noch mehr sagen? Wir wurden bestens informiert und durften sogar einmal an einem Forschungsprojekt teilnehmen.
Das alles waren Gründe genug für mich unsere Erlebnisse in einem Buch aufzuschreiben. Ich möchte mithelfen die Falklandinseln bekannter zu machen. Für Naturliebhaber sind sie eigentlich ein Muss. Aber auch den Menschen an diesem abgeschiedenen Ort zu begegnen, wird für uns unvergessen bleiben. Wer mit Schiffsreisen auf Kriegsfuß steht, macht eben eine Landreise. Das werden wir ganz sicher auch noch mal machen. Vielleicht sehen wir uns dann?

Falklanddrossel

Möwen
Irgendwann in der Nacht ankerten wir vor Sea Lion Easterly. Das ist eine der vier Inseln, die 2004 von Klemens‘ Stiftung, dem Antarctic Research Trust, gekauft wurden. Die anderen drei Inseln heißen Rum, Brandy und Whisky. Sie wurden bisher weder bewohnt noch bewirtschaftet, somit ist die Natur unbeschadet geblieben. Der ART möchte diesen Zustand genauso erhalten und hat die Inseln aus diesem Grund erworben. Eine Möglichkeit an die Stiftung zu spenden, ist sich virtuell Land auf diesen Inseln zu kaufen. Deshalb freuten wir uns so, auf „unserer“ Insel an Land gehen zu können. Schließlich hatten wir den Besitzer dabei und er wollte uns erlauben, „unser Grundstück“ zu begutachten. Doch ein wenig Unsicherheit blieb, denn auf den Falklandinseln entscheidet das Wetter über unser Tun.
Gegen 6:30 ertönte auf dem Schiff ein Feueralarm. Natürlich lagen wir um diese Uhrzeit noch im Bett. Wir waren rasend schnell hellwach und überlegten, ob wir tatsächlich vom Schiff flüchten würden müssen. Draußen hörten wir jemanden von der Brücke runter rennen, der Alarm erstarb. Nochmal gehorcht, es war Ruhe, keiner rannte oder rief, es war himmlische Ruhe. Puhhh, es war der erhoffte Fehlalarm. An Schlafen war nicht mehr zu denken. Was soll‘s, wenn es hell ist, kann man ja auch aufstehen. Diese Fehlalarme wiederholten sich noch öfter zu unterschiedlichen Tages- und Nachtzeiten, aber sie haben uns nicht mehr aus der Ruhe bringen können.
Der morgendliche Blick auf Sea Lion Easterly machte uns schnell klar, dass wir dort heute nicht an Land gehen konnten. Der Wind war immer noch viel zu stark, somit kam Plan B in Frage. Wir fuhren weitere 1,5 Stunden um die Südspitze von Sea Lion Island herum, um auf der Nordseite in einer geschützten Bucht an Land zu gehen. Als wir wieder vor Anker lagen und das Schiff nicht mehr so schaukelte, frühstückten wir an Bord, schmierten uns alle eine Stulle als Mittagsbrot und wurden mit dem Zodiac an Land gebracht. Um alle Highlights auf Sea Lion abzulaufen reicht ein Tag nicht aus. Wir hatten einen ordentlichen Marsch vor uns mit wunderbaren Tiersichtungen in abwechslungsreicher Landschaft.
Wir durchquerten die Insel, um auf der Südseite in einer Bucht, die sich East Loafers nennt, die erste Pause zu machen. Nicht weil wir schon so erschöpft waren, sondern weil es jede Menge zu sehen gab. Ein wenig anstrengen mussten wir uns noch, denn vor der Bucht wuchs Tussockgras, was durchquert werden wollte. Am Wasser angekommen, balgten sich zwei Babyseeelefanten, die sich schnell ins Meer flüchteten, als sie uns sahen. Von dort aus beäugten sie uns neugierig.

Karakara
Bei den Landgängen dauerte es nie lange, bis wir in Gesellschaft von mindestens einem Karakara waren. Aus Erfahrung wird man klug: Schnell lernte ich, es ist keine gute Idee, seinen Rucksack unbeobachtet am Strand liegen zu lassen. Kaum hatte ich ihn aus den Augen gelassen, saß ein Karakara drauf, der mit seinem scharfen Schnabel den Stoff auf seine Stabilität prüfte. Aus dem Wasser kamen ab und zu Magellanpinguine, die zügig im Tussockgras verschwanden und zu ihren Höhlen eilten.


Magellanpinguine


Felsenpinguin


Königspinguine

Huch?! Fast hätten wir den riesigen Seeelefantenbullen übersehen, der die ganzen Zeit etwas abseits im Gras lag. So wie die Pinguine nach der Jungtieraufzucht mausern, häuten sich die Seeelefanten, bevor sie wieder für Monate im Meer verschwinden. Dafür suchen sie sich ein ruhiges Plätzchen. Von unserer Aufmerksamkeit ließ sich der imposante Bulle nicht aus der Ruhe bringen. Er wird uns schon die ganze Zeit beobachtet haben.
Wir zogen weiter über die Insel. Gingen entweder direkt auf der Steilküstenklippe entlang, mit wechselnden Weitblicken. Wenn das nicht möglich war, bahnten wir uns einen Weg durchs Tussockgras. Allerdings sehr vorsichtig, denn hinter jedem Grasbüschel konnte ein sich häutender Seeelefant liegen. Einige Male mussten wir deshalb Umwege nehmen. Auf keinen Fall wollten wir ausprobieren, was passiert, wenn sie die Geduld mit uns verlieren. Im Tussock wegrennen geht nun wirklich nicht.
Wir gelangten an einen Küstenabschnitt, der etwas flacher war und wo sich kein Tussockgras direkt anschloss. Dort belagerte eine kleine Kolonie von Seelöwen die Felsen. Die Männchen bewachten ihren Harem und ließen die im Meer auftauchenden Konkurrenten deutlich spüren, was sie von ihnen hielten.

Schwarzbrauenalbatross

Schwarzbrauenalbatross-Küken
An dieser Stelle verließen wir die Küste, schlugen uns landeinwärts, schon wieder durchs Tussock, zu einem Binnensee, dem Long Pont. Es war kaum ein Kilometer zu gehen auf ebenem Gelände, aber durch das Tussock fühlte es sich an wie steil bergauf. Am See verteilten wir uns und genossen unsere Mittagspause mit einem herrlichen Ausblick auf allerlei Wassergeflügel im und am See. Diesmal nutzten wir das Tussock als Liegestühle. Wir saßen windgeschützt in der Sonne, denn es war T-Shirtwetter. Das wir noch so viel Wetterglück haben würden an diesem Tag, damit hatten wir nach der schaukeligen Nacht nicht wirklich gerechnet.
Wir mussten los, so schön dieses Plätzchen auch war, ein paar Highlights warteten noch auf uns und der Tag war schon reichlich fortgeschritten.
Zurück zur Küste war unser nächstes Ziel der Strand Elefant Corner. Dort lagen etliche Seeelefanten herum. Es ist die größte Ansammlung von Seeelefanten auf den Falklandinseln. Die Bullen zeigten uns, warum sie Beachmaster genannt werden. Wir ließen uns auf einem Felsen nieder, von dem wir einen sehr guten Überblick hatten. Ein Karakara rückte uns so dicht auf die Pelle, dass ich ihn mit meiner Kamera auf Abstand halten musste, besser gesagt wollte.
Und als ob das alles noch nicht genug war, kamen wir auf dem Weg zur Insel-Lodge auch noch an einer Eselspinguinkolonie vorbei. Dort hielten wir nur sehr kurz an. Wir sollten noch viele Eselspinguine zu sehen bekommen, also gingen wir ziemlich direkt zur Lodge.

Eselspinguin



Sea Lion Island ist eine der Inseln, auf denen man Urlaub machen kann. Mit dem Lufttaxi fliegt man von Stanley dorthin.
Die Lodge ist gemütlich, in den Übernachtungszimmern ist alles da, was man braucht. Vom Wohnzimmer aus hat man einen direkten Blick auf die Esels- und Magellanpinguine. Ist das Wetter schlecht, kann man von drinnen schauen.
Wir hielten uns eine Weile auf, tranken Tee, wurden mit Gebäck verwöhnt und plauderten mit dem Menschen. Ein Teil unserer Truppe nahm das Angebot an, sich mit dem Landrover zurück zum Zodiac bringen zu lassen. Wir gingen zu Fuß, aber diesmal war es einfacher – ohne Tussock. Die Beine mussten wir dennoch tüchtig heben, überall wuchs das den Boden bedeckende Diddle-Dee Kraut, was unserem Heidekraut sehr ähnlich ist. Wir genossen die Abendsonne und wurden, als wir zurück am Meer waren, nach einem ereignisreichen Tag, mit dem Zodiac abgeholt.

Carcass Island
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© Alle Fotos: Birgit Roth